Tel.: 0221 - 2716690
News

Die Gedanken sind frei – DIN EN 16582 im Praxistest

„Ich konnte Sie nicht verstehen.“ Die Stimme, die unvermittelt aus dem Handy eines Schulungsteilnehmers ertönte, passt zum Seminarthema: die neue europäische Norm DIN EN 16582. Denn dieses Regelwerk schreibt nicht nur Dinge vor, die – sagen wir mal – die Welt nicht verändern, aber eine Menge Bürokratie mit sich bringen. Nein, es wirft auch Fragen auf, die niemand beantworten kann. Selbst nicht „Normungs-Guru“ Frank Eisele, mit dem der bsw am Donnerstag und Freitag bei unseren Gastgebern Schmalenberger und Behncke auf Schulungstournee war.

20160211_155119_resized_1So legt die Norm beispielsweise allgemeine Toleranzwerte von +/- 3 Prozent fest. Kann das sein? Eine Norm, die sich auf die Fahnen geschrieben hat, das Qualitätsniveau zu heben, lässt solch große Bandbreiten zu? Da waren sich alle einig: das können wir viel genauer. Über die Genauigkeit des Anhangs D wunderte man sich dagegen. Denn dort haben sich einige Hersteller von Polyesterbecken mit einer Auflistung möglicher Schäden und Schönheitsfehler verewigt. Es sollte – so Frank Eisele zur Entstehungsgeschichte des Werks – ein „Freibrief“ nach dem Motto werden: Was immer passiert, so ist der Fehler bei der Wasseraufbereitungsanlage oder dem Betreiber zu suchen. Der Beckenhersteller ist aber nie schuld. In der Endversion sind die Formulierungen etwas „abgemildert“, und der Anhang wurde schließlich mit lediglich informativem Charakter verabschiedet. Aber der Werdegang ist ihm immer noch anzusehen. Was soll so was? Warum führt man seinen Kunden detailliert vor Augen, welche Beeinträchtigungen möglicherweise entstehen können? Ist das nicht eher ein Verkaufsverhinderungsargument für Polyesterbecken? So dachten wohl auch die kopfschüttelnden Teilnehmer.

20160212_101139_resized_1Man muss diese Norm durch den Filter des gesunden Menschenverstandes laufen lassen. Sonst verzweifelt man. Wie vermutlich der ein oder andere Produzent von Schwimmbadleitern, die im Zeitalter der DIN EN 16582 als „sicher“ gelten, wenn sie hochgezogen oder eingeklappt werden können. Clevere Kinder kommen ja nicht auf die Idee, auf einen Stuhl zu steigen und so ins Becken zu gelangen. Auch eine „sichere“ Leiter kann die Aufsichtspflicht nicht ersetzen. Das ist klar, oder? Muss jetzt aber jeder Schwimmbadbauer dem Kunden noch mal sagen. Unterm Strich also viel Aufwand für die Unternehmen – ohne den Nutzen des Kunden zu erhöhen.
Aber wie sagte Seminarleiter Frank Eisele so schön: Manchmal reift die Banane erst beim Kunden. Also: lassen wir die Norm in der Branche ankommen und in der Praxis testen. Und sammeln wir für die kommende Überarbeitung alle Schwachstellen, Widersprüche und „offensichtlichen Schwachsinns-Formulierungen“ – wie die Vorgabe, dass eine Treppe oder eine Leiter, die insbesondere von Menschen mit eingeschränkter Mobilität genutzt wird, ein Geländer haben DARF. Danke für diese großzügige Erlaubnis! Wirklich großzügig waren hingegen unsere Gastgeber. Sowohl bei Schmalenberger als auch bei Behncke wurden wir sehr herzlich empfangen, kompetent betreut und erstklassig versorgt. Und das ganz ohne Regelwerk!

 

 

Das könnte Sie auch interessieren

Keine Kommentare

Antwort schreiben